05.05.2015: Leben und Licht im Wald

Bei der Exkursion, die der Förster Klaus-Peter Winterfeldt zusammen mit Günther Hagemeister vom NABU Heppenheim an diesem sonnigen Dienstagabend geleitet hat, stand der Einfluss des Lichts auf das Leben im Wald im Fokus.


Nach ein paar einführenden Worten von Klaus-Peter Winterfeldt gibt uns ein Blick auf die Karte Auskunft über das Ausmaß der Waldflächen, die das Forstamt Lampertheim, dem auch das Revier Heppenheim unterstellt ist, zu betreuen hat: 16500 ha, von denen sich etwa 50% in Staatsbesitz befinden und 39% Körperschaftswald sind!

Noch bevor wir dann richtig im Wald ankommen, führt uns Günther Hagemeister über eine Orchideenwiese. Hier heißt es aufgepasst, damit wir keine der empfindlichen Orchideen zertreten!


Das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris) ist eine typische Art magerer kalkreicher Flächen.


Den Namen erhielt diese Orchidee, weil ihre oberen Blütenblätter aussehen, wie ein Helm. Mit Fantasie sieht die ganze Blüte aus, wie ein kleiner, behelmter Soldat, daher der militärische Bezug im lateinischen Namen.


Außerdem geht mit der Anordnung ihrer beiden Wurzelknollen, die an männliche Genitalien erinnern, der Aberglaube einher, dass Frauen das Geschlecht ihres Kindes durch den Verzehr der Wurzelknollen beeinflussen könnten.


Weniger auffällig, aber dennoch sehr schön, ist die zweite Orchideenart, die wir hier finden:

das Große Zweiblatt (Listera ovata). 

Und noch eine Bereicherung gibt es in der Exkursionsgruppe: eine Kräuterexpertin ist begeistert von dem Vorkommen der Kleinen Bibernelle (Pimpinella saxifraga) auf der Orchideenwiese. Sie erklärt uns auch, dass die Pimpinelle, die wir aus unseren Kräutergärten kennen, eigentlich der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor) ist. Die beiden sehen sich sehr ähnlich und werden deshalb gerne mal durcheinander gebracht.

Kleine Bibernelle (Pimpinella saxifraga)
Kleine Bibernelle (Pimpinella saxifraga)


Jetzt sind wir im Wald angekommen - und lernen "von Grund auf" dazu: Förster Winterfeldt gräbt ein bisschen um uns zu demonstrieren, wie relativ dünn die fruchtbare Bodenschicht des Waldes ist.













Wir dürfen auch mal dran riechen: ein bisschen vermodert, erdig...waldig eben...

Entscheidend für den Wuchs der Pflanzen ist unter anderem die Lichtmenge, die sie erreicht. Denn nur mit Hilfe des Lichts kann die Photosynthese angekurbelt werden, ein Prozess, bei dem aus Kohlendioxid und Wasser Glukose und Sauerstoff hergestellt werden. Während der Sauerstoff, für die Pflanze ein Abfallprodukt, Grundlage unserer Atmung ist, wird aus der Glukose in weiteren Verarbeitungsschritten Pflanzenmaterial (bei Bäumen: Holz) generiert. Jede im Wald vorkommende Pflanze hat ihre eigene Strategie entwickelt, um möglichst viel von dem für die Photosynthese unverzichtbaren Licht abzubekommen.

Viele der kleinere Waldpflanzen nutzen daher für ihre Blüte die Zeit, bevor die großen Bäume ihre Blätter bekommen und den Boden beschatten. Sie sind deshalb im Mai schon verblüht. Wir können sie aber noch auf den Bilder betrachten, die Förster Winterfeldt mitgebracht hat.

Außerdem waren wir angehalten, unterwegs verschiedene Blätter zu sammeln. Diese identifizieren wir jetzt nicht nur - Winterfeldt legt sie auch nach ihrem Lichtbedarf in Gruppen zusammen. Wir stellen fest, dass die Buchen mit wenig Licht auskommen. Ein Buchenwald stellt also keine Monokultur dar -  es ist völlig natürlich, dass hier Buchen dominieren, da sie die weniger (Licht)anspruchslosen Bäume einfach in den Schatten stellen. Dafür ist die Buche weniger tolerant gegenüber Trockenheit. In trockeneren Regionen kommen also dafür andere Arten, z.B. die Eiche, zum Zuge.

Als weiterer schattentoleranter Baum wird die Douglasie gerne zum Aufforsten genutzt. Sie wächst schnell und ist vielseitig verwendbar. Heimisch ist sie heutzutage eigentlich in Nordamerika und wird hier vielerorts als Neophyt betrachtet. Tatsächlich war die Gattung aber im tertiär auch hier vertreten, worauf Fossilienfunde schließen lassen.

Der extrem giftige Aronstab blüht zwar noch nicht., seine interessante Anatomie veranlasst G. Hagemeister dennoch, kurz auf ihn einzugehen: die Innenseite der Blüte ist, solange er unbefruchtet ist, mit öligen Tröpfchen bedeckt. Auf dieser Ölschicht gleiten Mücken, die vom für uns faulig anmutenden Geruch des Aronstabs angelockt werden, in den Blütenkelch. Dort werden sie von kleinen reusenartig angeordneten Haaren so lange gefangen gehalten, bis eine Mücke Blütenstaub von einer anderen Blüte mitbringt. Die Blütennarben beginnen nach der Bestäubung zu schrumpfen und Nektartröpfchen abzusondern, den die Mücken nun trinken können. Bald darauf geben die Staubbeutel ihren Blütenstaub ab und "pudern" die Mücken völlig damit ein. Im Anschluss verwelken die Härchen, die die Mücken gefangen gehalten haben, und geben die Tierchen wieder frei, damit sie die nächste Blüte bestäuben können. In dem befruchteten Aronstab reifen nun die bekannten, sehr giftigen, roten Beeren heran, die im Herbst beinahe überall in unseren Wäldern zu finden sind. 

Förster Winterfeldt hat außerdem ein Glas voller Borkenkäfer mitgebracht.

Borkenkäfer legen ihre Eier unter die Rinde (Borke) der Bäume wo sie sich, vor Fressfeinden geschützt, entwickeln können. Der Bekannteste aus der Gattung der Borkenkäfer ist der Fichten befallende Buchdrucker. Gesunde Fichten können sich durch vermehrten Harzfluss gegen diese Eindringlinge wehren, geschwächte Bäume allerdings streben ab. Im Ökosystem Wald wird so Platz für neue, gesunde Bäume geschaffen. Für die Förster bedeutet ein Borkenkäferbefall allerdings einen Qualitätsverlust beim Holz, daher wird der Borkenkäfer gemeinhin als Schädling eingestuft. 

Der Wald ist nicht nur ein Ort zum Erholen und Seele baumeln lassen für den Menschen - er ist auch Wirtschaftsgut:

rund 4.000 Euro würde ein gerade gewachsener, riesiger Baum wie diese Eiche einbringen.

Aber wir sind uns einig: dieser Baum bleibt hoffentlich noch lange stehen. Er ist einfach beeindruckend und unglaublich schön!

Das man, um das Alter eines Baumes bestimmen zu können, die Jahresringe zählen kann, ist gemeinhin bekannt.

An dieser Baumscheibe sieht man aber noch mehr: zu jedem Jahr gehört ein heller, breiter Ring, der in der Wachstumsphase (also Frühling, Sommer) angelegt wurde, und ein dunkler, schmalerer Ring, der sich während der Stagnation gebildet hat. Das Frühholz ist weicher und weitlumiger und erlaubt dem Baum, viel Wasser zu transportieren. Das deutlich kompaktere Spätholz verleiht dem Baum an Stabilität. Die  Jahresringe sind unterschiedlich dick und geben so Aufschluss über die klimatischen Verhältnisse in dem jeweiligen Jahr.

Außerdem erkennt man an dieser Scheibe sehr schön die helle Splintzone, die zusammen mit der Borke die Baumrinde bildet.

"Hör mal, wer da spricht..." 

Wir staunen über die Geräusche, die der kleine Mistkäfer von sich gibt. Das klingt, als ob er uns etwas ins Ohr flüstern würde!

Nach gut zwei Stunden geht unsere Exkursion dem Ende entgegen. Ein Überraschung wartet aber noch auf uns: ein wenig abseits des Weges ist ein ausgestopfter Uhu aufgestellt. Dieser steht stellvertretend für einige Waldbewohner, die schon vor Jahren aus unseren Wäldern vertrieben wurden und nun langsam aber sicher zurückkehren: Luchs, Wolf, Uhu etc.

Durch umfangreiche Aufklärungsarbeit und Schaffung und Erhaltung von Lebensräumen sollen diese Tiere wieder bei uns willkommen geheißen werden.

Und hier noch einmal alle Bilder der Exkursion:

Bilder und Text: Doris Heller